Eine Raumplanung, die jugendliche Lebenswelten einbezieht, führt zu langfristig belebten Räumen und trägt zum gegenseitigen Verständnis verschiedener Generationen bei. Eine Jugendarbeit, die als Brückenbauerin zwischen Jugendlichen und Behörden auftritt, spielt dabei eine entscheidende Rolle.
Nur schwierige Jugendliche hängen im öffentlichen Raum herum – das ist nach wie vor die Meinung vieler Erwachsener. Doch sie irren sich: Sämtliche Jugendliche sind auf den öffentlichen Raum als Entwicklungsort angewiesen. Hier treffen sie erstmals als eigenständige Personen auf andere, sie üben soziale Verhaltensweisen ein und integrieren sich auf diese Weise in die Gesellschaft. Dieses wichtige Verhalten führt manchmal zu Konflikten mit Erwachsenen. Die Folge ist, dass Jugendliche im öffentlichen Raum stärker reglementiert, kontrolliert und letztlich verdrängt werden.
Dabei geht vergessen, dass zu viele Verbote und Reglementierungen die Entwicklung von Eigenverantwortung hemmen und daher einen wichtigen Lernprozess behindern. Würde man als Gesellschaft die natürliche Entwicklung von Jugendlichen respektieren, könnten sich Erwachsene solchen Konflikten stellen und Jugendlichen als Beispiel in Sachen Zuhören, Argumentieren und dem Finden von Lösungen dienen. Man könnte sogar sagen: In ihren ersten eigenständigen Interaktionen mit Mitmenschen erwerben Jugendliche die wichtigsten Bausteine für die Fähigkeit, an einem demokratischen System teilzunehmen.
Jugendarbeit statt Videoüberwachung
Jugendliche sind nicht nur die einzigen, die mangels eigener Räume auf den öffentlichen Raum angewiesen sind. Sie sind auch die einzigen, die ihn nicht nur als Durchgangszone, sondern als Aufenthaltsraum nutzen. Trotzdem werden ihre Anliegen bei der Raumplanung in der Regel nicht berücksichtigt. Im Zentrum der Überlegungen seitens der Planungsverantwortlichen stehen oft Ruhe und Ordnung und die Frage, wie die Infrastruktur am einfachsten gereinigt und erhalten werden kann. Finden Jugendliche doch einmal Eingang in die Erwägungen, zielen geplante Massnahmen tendenziell darauf ab, sie von den Zentren fernzuhalten, um die genannten Konflikte zu vermeiden. Zum Beispiel durch eine sehr helle Beleuchtung, fehlende Sitzgelegenheiten oder den Einsatz von Videokameras.
Dabei sind die jugendtypischen Verhaltensweisen im öffentlichen Raum keineswegs nur negativ. Im Gegenteil: Würden die Bedürfnisse von Jugendlichen gehört und in die Planung einbezogen, könnten Jugendliche viel zur Belebung öffentlicher Plätze beitragen. Während viele Erwachsene Jugendliche im öffentlichen Raum vor allem mit Lärm und Littering in Verbindung bringen, sehen wir in der Jugendarbeit, dass sie den öffentlichen Raum vornehmlich auf konstruktive Weise nutzen, etwa zum Skaten oder Fussballspielen.
Partizipationsprojekte reichen nicht
Einige Gemeinden haben das erkannt und Strukturen etabliert, die Jugendpartizipation ermöglichen. So löblich diese Bemühungen aus Sicht der Jugendarbeit sind, so wenig bringen sie jedoch in Bezug auf eine langfristig sinnvolle Raumplanung. Die Ergebnisse sind Zufallsprodukte, die stark mit der Zusammensetzung der aktuell aktiven Jugendlichen zusammenhängen. Oft sind es aber gerade nicht diejenigen, die im öffentlichen Raum unangenehm auffallen. Partizipationsprojekte reichen deshalb nicht aus.
Wie also sieht eine jugendgerechte Raumplanung aus? Unsere Erfahrung zeigt, dass sich Jugendliche Räume nicht zuweisen lassen; sie nehmen sie sich selbst. Ihre Treffpunkte lassen sich nicht planen, ihre Verhaltensweisen ändern sich rasch. Es reicht die Eröffnung eines Tankstellenshops, um die bekannten Bewegungsmuster über den Haufen zu werfen. Eine jugendgerechte Raumplanung meint deshalb nicht, in neue Bauten und Plätze zu investieren, sondern Brachen – auch in Wohngebieten und Zentren – freizuhalten, die Jugendlichen nach Bedarf temporär zugewiesen werden können: etwa für Skateranlagen, Bauwagen als teilbegleitete Jugendräume oder beliebige andere Projekte.
Damit eine solche Nutzung langfristig sinnvoll funktioniert, braucht es eine kontinuierliche, fachlich geführte und behördlich beauftragte Offene Jugendarbeit, die über viele Jahre wirken kann. Jugendarbeitende sind in der Lage, Veränderungen in Befindlichkeiten der Jugendlichen zu erkennen, Verhaltensweisen für Entscheidungsträger zu übersetzen und flexibel darauf zu reagieren. In Zusammenarbeit mit den Behörden wird eine solche Jugendarbeit eine geeignete Auswahl aus den zwischennutzbaren Flächen treffen sowie mobile Geräte wie Bänke, Abfalleimer, Feuerstellen und Unterstände zur Verfügung stellen. Idealerweise verfügt die Gemeinde über ein entsprechendes Lager.
Nicht zuletzt ist eine Planung über die Gemeindegrenze hinweg wichtig. Bei der Eröffnung eines Tankstellenshops etwa, verändert sich der Bewegungsfluss Jugendlicher nicht nur in der betreffenden Gemeinde, sondern oft auch in den umliegenden. Wird eine Skateranlage in Zusammenarbeit mit umliegenden Gemeinden geplant, kann bei der Standortwahl die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel, die Frage nach Ruhe und die zeitliche Nutzung entsprechend berücksichtigt werden.