Da Gemeinden nicht verpflichtet sind, Offene Jugendarbeit anzubieten, ist die Frage, ob und in welchem Umfang Ressourcen dafür bereitgestellt werden, Gegenstand politischer Auseinandersetzungen. Doch hat die Jugend überhaupt eine Lobby?
Offene Jugendarbeit braucht es in allen Gemeinden. Das ist in der Fachwelt unbestritten. Verpflichtet, sie anzubieten, sind Gemeinden – ausser im Kanton Bern – jedoch nicht. Wenn sie sich dazu entschliessen, müssen sie also von deren Nutzen überzeugt sein oder sich zumindest einen von ihr versprechen.
Ein solcher Nutzen besteht aus Sicht der zuständigen Behördenmitglieder in der Regel darin, dass die Offene Jugendarbeit für Ruhe und Ordnung in der Gemeinde sorgt, konkret also Littering, Vandalismus und nächtliche Ruhestörung verhindert. Dass sich diese Vorstellung nicht mit dem Selbstbild der Offenen Jugendarbeit deckt, versteht sich von selbst.
Unser Auftrag als Anbieterin Offener Jugendarbeit ist vielmehr, informelle Bildungsprozesse zu ermöglichen: In den Jugendhäusern eignen sich Jugendliche Räume an, indem sie die Verantwortung für deren Gestaltung übernehmen. Sie partizipieren an Projekten, die sie selbst aufgrund eigener Ideen und Lust initiieren. Im begleiteten Umgang miteinander sowie im öffentlichen Raum mit Familien, Berufsleuten, alten Leuten und Kindern üben sie soziale Kompetenzen ein. Nicht zuletzt ermöglicht ihnen der Austausch mit den Jugendarbeitenden und ein nichtprogrammatisches Angebot, eigene Gefühle wahrzunehmen, Bewältigungsstrategien zu entwickeln und informationsbasierte Entscheidungen im Umgang mit Substanzen oder destruktiven Verhaltensweisen zu treffen.
Diese Wirkung der Offenen Jugendarbeit ist jedoch so wenig präzise messbar, dass es schwierig ist, jene davon zu überzeugen, die den Auftrag haben, verantwortungsvoll mit Steuergeldern umzugehen. Damit ist Offene Jugendarbeit ein Politikum. Da es für die Anliegen der Jugendlichen aber kaum Interessenvertretungen gibt, wird der Ruf nach Offener Jugendarbeit meist erst dann laut, wenn die Stimmung zwischen den Generationen bereits angespannt ist.
Wer für die Jugendlichen eintritt
Auf dieser Ausgangslage stellt sich die Frage, wie die Interessen der Jugendlichen idealerweise Eingang in politische Erwägungen finden. Ist noch keine Offene Jugendarbeit vorhanden, erfahren Gemeinden davon vielleicht über Institutionen wie die MOJUGA, die in der Öffentlichkeit über Bedeutung, Aufgabe, Rolle und ideale Ausgestaltung von Offener Jugendarbeit informiert. Eine solche Aufklärung findet manchmal auch im Rahmen von Gemeinderatssitzungen statt, zu denen Experten der Offenen Jugendarbeit eingeladen werden, wenn in einer Gemeinde bereits Konflikte schwelen oder aufbrechen.
Es ist nicht nur entscheidend, wie die Entscheidungsträger über Offene Jugendarbeit informiert werden, sondern auch, für welches Vergabemodell sie sich entscheiden: die interne Vergabe an eine Person, die von der Gemeindeverwaltung angestellt wird, oder die externe an eine privatrechtliche Institution wie die MOJUGA.
Für welche Form wir plädieren, brauchen wir nicht zu erläutern. Warum wir dafür plädieren, legen wir hier dar.
Gehen wir davon aus, dass die Jugendarbeitenden in einer Gemeinde die einzigen sind, die die Jugendlichen in deren Freizeit in einem nichtprogrammatischen Rahmen begegnen und mit ihnen in Kontakt stehen. Gehen wir davon aus, dass sie gerade deswegen besonders nahe Einblicke in das Freizeitverhalten und die Befindlichkeit der Jugendlichen bekommen, weil sie keine spezifischen Erwartungen an sie stellen und unabhängig von ihrem Verhalten den Kontakt mit ihnen halten. Dann sind die Jugendarbeitenden die einzigen in der Gemeinde, die ein umfassendes Bild davon haben, wie es den Jugendlichen geht, welche Bedürfnisse sie haben und welcher Bedarf die Offene Jugendarbeit an Räumen, Personal und Handlungsfeldern hat. Es ist also ihre Aufgabe, sich für die Anliegen der Jugendlichen stark zu machen.
Interne vs. externe Vergabe
Eine verwaltungsinterne Jugendarbeit hat jeweils das eigene Aufgabengebiet im Blick; es ist weder ihre Aufgabe noch ihre Kompetenz eine fachliche Entwicklung der Offenen Jugendarbeit mitzugestalten. In der Regel passt sich das Angebot der Offenen Jugendarbeit dem persönlichen Kompetenz- und Bedürfniskatalog der intern angestellten Jugendarbeitenden an – statt umgekehrt.
Ihre Hände sind auch gebunden, wenn es darum geht, die Bevölkerung davon zu überzeugen, dass es die Offene Jugendarbeit (weiterhin) braucht oder sie sogar ausgebaut werden soll: Da es nicht die Aufgabe von Verwaltungsangestellten ist zu politisieren, steht es einer intern angestellten Jugendarbeit nicht zu, entsprechende Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben. Abgesehen davon hat sie auch nicht die Ressourcen, neben ihrer Kernaufgabe auch noch eine professionelle Öffentlichkeitsarbeit zu leisten.
Sie kann also weder die Öffentlichkeit vom Sinn und der Wirkung ihrer Arbeit überzeugen, noch kann sie bei Bedarf nach grösserem Budget bei der Bevölkerung weibeln, noch um deren Goodwill bei der Umsetzung von wichtigen Projekten buhlen. Interne Offene Jugendarbeit ist jederzeit gezwungen, sich mit allen Anliegen an ihre*n Vorgesetzte*n zu wenden, die*der nur in seltenen Fällen ein*e eigens dafür eingesetzte*r Jugendbeauftragte*r und entsprechend meist nicht auf solche Themen sensibilisiert ist. Der Weg zu den eigentlichen Entscheidungsträgern – den Behördenmitgliedern – über Vorgesetzte, Abteilungsleitende und Gemeindeschreibende ist lang, Informationen werden von einer hierarchischen Stufe zur nächsten immer mehr gefiltert und verwässert.
Behörde braucht verlässliche Informationen
Da die Offene Jugendarbeit vom Gemeinderat gesteuert werden muss, ist ein Gemeinderat umgekehrt darauf angewiesen, verlässliche Informationen über Dynamiken und Entwicklungen bei den Jugendlichen sowie über den Bedarf an Ressourcen zu bekommen. Nur so kann sie ein gutes Argumentarium gegenüber der Bevölkerung erarbeiten, um allfällige Budgeterhöhungen zu begründen. Das ist bei einem direkten Kontakt zwischen Fachpersonen der Offenen Jugendarbeit und den Behörden eher gewährleistet als beim oben beschriebenen internen Weg.
Unterstehen die Jugendarbeitenden einer Institution wie der MOJUGA, sprechen sie mit den ihnen zugeteilten Regionalen Jugendbeauftragten, die oft selbst langjährige Jugendarbeitende sind und zudem über Steuergruppen oder Kommissionen direkten Kontakt zu den zuständigen Gemeindebehörden und damit den Entscheidungsträgern haben. Eine Institution, die Offene Jugendarbeit in mehreren Gemeinden betreibt, verfügt zudem über ein breites Spektrum an Erkenntnissen und Erfahrungen, wovon die einzelnen Gemeinden profitieren. Sie verfügt zudem über eine professionelle Kommunikationsabteilung, die Gemeinden bei der Öffentlichkeitsarbeit unterstützt und zusätzlich über eigene unterschiedlichste Kanäle allgemein über den Sinn der Offenen Jugendarbeit informieren kann.
Eine externe Vergabe ist jedoch nicht nur aus jugendpolitischer Sicht sinnvoll, sondern auch aus organisatorischer, denn sie bietet eine Kontinuität, die eine interne Lösung nicht gewährleisten kann: Gerade bei Ausfällen, die nicht durch Krankheit, sondern durch Kündigung entstehen, besteht wenig Motivation, schnell für Ersatz zu sorgen, da die entfallenden Lohnkosten bei Vakanzen das Budget entlasten – auf Kosten der Jugendlichen. Eine spezialisierte Institution ist nicht nur verpflichtet, die vereinbarte Leistung kontinuierlich zu erfüllen, sie hat auch Erfahrung in der Auswahl geeigneter Kandidat*innen und ermöglicht internen Fachaustausch, Supervision und Weiterbildung.
Kurz: Jugendarbeit sollte nicht verwaltet, sondern gestaltet werden. Davon sind wir überzeugt. Ebenso überzeugt sind wir, dass das aus genannten Gründen sehr viel leichter möglich ist, wenn die Offene Jugendarbeit von externen Anbietern abgedeckt wird.